Torsten,
was bringt jemanden dazu, sich mit Anfang vierzig für das Amt des Ortsbürgermeisters zu bewerben, obwohl er sich in seinem jetzigen Beruf wohlfühlt und dort auch langfristig wirtschaftliche Sicherheit und Karrierechancen hat?
Zum einen sehe ich das als Konsequenz meines kommunalpolitischen Lebenslaufs. Ich engagiere mich seit ca. 15 Jahren ehrenamtlich für die SPD in verschiedenen Gremien und auch schon die Wahl zum Beigeordneten der Ortsgemeinde bedeutete Verantwortung zu übernehmen. Dies tue ich gern und es bereitet mir große Freude. Zum anderen sehe ich das in etwa wie einen Generationenvertrag. Ich bin froh und dankbar in Saulheim aufgewachsen zu sein und sehe hierin eine Möglichkeit, dieser schönen Gemeinde etwas zurückzugeben. Dies habe ich bereits im Rahmen meiner Arbeit bei der katholischen Jugend als sehr erfüllend erfahren. Dort war ich über 10 Jahre Gruppenleiter und habe Freizeiten mit organisiert und durchgeführt. Nach meiner Handballerkarriere - wenn man das so nennen kann - war ich sechs Jahre lang Handballschiedsrichter.
Welchen beruflichen Weg bist Du gegangen?
Nach meinem Abitur habe ich Rechtswissenschaften studiert und abgeschlossen. Danach arbeitete ich einige Jahre im Immobilienbereich und derzeit bin ich für einen Zeitungsverlag in Hessen tätig.
Welche Qualifikationen, welche Stärken bringst Du für die Aufgabe mit?
Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass eine juristische Ausbildung eine gute Basis bildet. Das Verwaltungsrecht ist sehr umfangreich und bisweilen schwer zu durchschauen. Und natürlich habe ich kommunalpolitische Erfahrung, die ich in Ausschüssen und im Gemeinderat gesammelt habe. Zu guter Letzt bin ich überzeugt, Saulheim's Bedürfnisse gut zu kennen bzw. gut zu erkennen. Ich wohne hier seit meinem dritten Lebensjahr, bin hier in den Kindergarten und zur Schule gegangen.
Was schätzt Du an Saulheim?
Ganz klar die Gemeinschaft! Getragen von einer hervorragenden Vereinsstruktur ermöglicht es Saulheim jedem Menschen, am Gemeindeleben teilzuhaben. Es ist leicht, hier Anschluss zu finden und die Saulheimer empfangen einen mit offenen Armen. In der VG wird uns ja nachgesagt, wir Saulheimer feiern gerne. Ich glaube, es ist eher der Ausdruck unseres Gemeinschaftsgefühls. Saulheimerinnen und Saulheimer treffen sich eben gerne, sind kommunikativ und lebensfroh. Für mich eine Form von Identität, der ich mich gerne anschließe.
Auch die von Acker- und insbesondere Weinbau geprägte Kulturlandschaft fasziniert mich. Schon als Kind bin ich begeistert durch die Weinberge gestromert und viele Menschen, die ich treffe, beneiden uns um diese wunderbare Landschaft und Kultur. Es ist eben ein richtig schönes Fleckchen Erde.
Welche Dinge müssen in Saulheim in den nächsten Jahren angepackt werden?
Generell muss die ganze Infrastruktur auf den Prüfstand. Angefangen beim Verkehr bis hin zur Kinderbetreuung. Die digitalen Strukturen in unserer Gemeinde müssen weiter ausgebaut werden, um Effektivität, Erreichbarkeit und Flexibilität zu gewährleisten. Auch die Einnahmenseite muss verbessert werden und selbstverständlich wird es eine große Herausforderung, das kürzlich ausgewiesene Neubaugebiet mit all seinen Auswirkungen zu gestalten. In diesem Zusammenhang möchte ich auch die Bürgerbeteiligung ausbauen und stärken. Bei solch weitreichenden Entscheidungen erachte ich es als dringend notwendig, diese mit Hilfe der Bürgerbeteiligung auf eine breite Basis zu stellen.
Was hat Dich dazu gebracht, dich politisch zu interessieren und zu engagieren?
Ein Stück liegt es sicherlich in meiner Familie begründet. Meine zwei Großväter waren SPD-Mitglieder und bei uns Zuhause wurde und wird viel über Politik diskutiert. Und es bereitet auch viel Freude. Gerade auf kommunalpolitischer Ebene sind Erfolge und angestoßene Prozesse sichtbar. Auch wenn es manchmal viel Geduld und Ausdauer benötigt, ist es doch schön zu sehen, dass am Ende etwas Gutes für Saulheim herauskommt.
Du bist mehr als eine Generation jünger als der jetzige Ortsbürgermeister Martin Fölix. Welche Nachteile, welche Vorteile ergeben sich für Dich aus diesem Altersunterschied?
Die Erfahrung eines langjährigen Amtsinhabers ist sicherlich nicht in Abrede zu stelle. Martin Fölix ist in Saulheim geboren. Er kennt viele Menschen und versucht, es allen Recht zu machen.
Aber ich bin überzeugt, dass ich gerade im Bereich der bereits angesprochenen notwendigen Digitalisierung und der strukturellen Verwaltungsarbeit durch meine tägliche berufliche Arbeit näher am Puls der Zeit bin und viele Themen anders angehen würde.
Wie kann man jüngere Leute wieder stärker für Kommunalpolitik interessieren?
Das ist wirklich eine große Herausforderung. Wir müssen den jungen Menschen aufzeigen, dass ihr Engagement auch in sichtbare und greifbare Erfolge mündet. Dass sie selbst ihre eigene Zukunft gestalten können und dürfen. Ein Problem liegt sicherlich auch in der heutigen Gesellschaftstruktur der Jüngeren begründet. Starre Vereinsarbeit ist für diese Menschen schwer in ihre Lebenssituation zu integrieren. Gerade für junge Familien sind die frühen Abendstunden unter der Woche oft Familienzeit und da verdenke ich es keinem, dass sie dies einer Parteisitzung am Abend vorziehen. Hier müssen die Parteien sich weiter öffnen und Strukturen schaffen, um diesen Menschen die Möglichkeit zu geben, sich kommunalpolitisch einzubringen. Wir von der SPD Saulheim sind hier mittlerweile auf einem guten Weg. Bei uns kann man sich gezielt einer zeitlich begrenzten Projektarbeit anschließen und das auch unabhängig davon, ob man Mitglied ist oder nicht.
Wir hatten im letzten Jahr zwei Workshops selbst organisiert, in denen wir Schwerpunkte der politischen Arbeit in Saulheim definiert haben. Diese Ergebnisse stellen wir auch zur Diskussion und beteiligen Bürger. Wir sind über jede Rückmeldung und konstruktive Kritik dankbar.
Was macht Torsten Wethlow, wenn er mal nicht arbeitet?
Meine Freunde, meine Lebensgefährtin und Familie sind mir sehr wichtig. In diesem Kreis kann ich mich entspannen, wir sind ein lustiger Haufen. Das letzte Silvester haben wir im Skiurlaub in einer großen Gruppe von Freunden, Kindern und 2 Hunden in einem Haus in den Alpen verbracht. Außerdem fotografier ich sehr gerne und entwickle meine Fotos in meinem eigenen Labor. Wenn ich die Zeit finde oder während des Urlaubs lese ich Bücher.
Lust auf eine kleine "Entweder-Oder"- Fragerunde?
Wein oder Bier?
Zum Steak ein Wein, zur Worscht ein Bier.
Nachteule oder Early Bird?
Ganz klar Nachteule.
Bayern München oder BVB?
Äh, FSV Mainz 05.
Oper oder Rockkonzert?
Ganz ehrlich, beides. Ich bin ein Fan der Live-Musik. Ob großes Rockkonzert, Hausband in einer Bar oder auch Oper, mich fasziniert jedes Mal wieder, wie live gespielte Musik bewegen kann.
Andrea Nahles oder Gerhard Schröder?
Beide haben Gutes bewirkt, aber auch Fehler gemacht. Es sollte immer der Sache dienen und nicht eine Person im Mittelpunkt stehen.
Martin Fölix oder Birgit Thörle?
Mit Martin Fölix arbeite ich seit 4 Jahren vertrauensvoll im Rathaus zusammen. Und Birgit kenne ich ja schon lange aus verschiedenen Gremien, und bei der Erinnerung und Aufarbeitung des Schicksals der ehemaligen jüdischen Bürgerinnen und Bürgern Saulheims unterstützen wir uns gegenseitig. Auch wenn man manchmal in bestimmten Themen unterschiedlicher Meinung ist, ist unterm Strich die Zusammenarbeit mit beiden sehr gut.
Torsten, vielen Dank für Deine Offenheit bei der Beantwortung der Fragen.
Wir wünschen Dir viel Erfolg auf Deinem zukünftigen politischen Weg.